Was können andere Marken von Patagonia lernen?
Immer wieder beschäftige ich mich mit dem Thema nachhaltige Sportbekleidung und muss feststellen, dass besonders im Bereich der Laufbekleidung noch viel Nachholbedarf besteht. Der Einsatz hochfunktionaler Kunststoffe ist leider schwer mit Nachhaltigkeit zu vereinbaren – aber nicht unmöglich! Gleichzeitig merke ich, dass die Nachfrage nach Sportbekleidung mit nachhaltiger Entstehungsgeschichte steigt und das Interesse groß ist. Ich behaupte: Läufer wollen die Umwelt, in der sie regelmäßig ihrem Hobby nachgehen, nicht belasten und würden gerne mit gutem Gewissen Laufbekleidung kaufen.
Bei meinen Recherchen und der Suche nach nachhaltiger Sportbekleidung, bin ich immer wieder auf die kalifornische Marke Patagonia gestoßen. Die Outdoormarke Patagonia hat sich auf die Fahnen geschrieben den Modekonsum zu minimieren und kurbelt damit das eigene Geschäft an. Die Kampagne „Don’t buy this jacket“ von 2011, in der Patagonia REDUCE, REPAIR, REUSE, RECYCLE, REIMAGINE in der New York Times plakatierte, fasst die Ansätze der Marke für mehr Nachhaltigkeit zusammen. Damit verkaufen die Kalifornier nicht nur sehr erfolgreich Outdoorbekleidung, sondern auch ein Image: „Öko-Coolness für politisch korrekte Hipster.“ wie die Zeit in dem Artikel Konsumkritik zum Anziehen schreibt.
https://www.facebook.com/PatagoniaDeutschland/photos/a.572092889657699.1073741827.570129226520732/735364039997249/?type=3
Patagonia hat Nachhaltigkeit zu einem Geschäftsmodell in der Textilwirtschaft gemacht und ist damit sehr erfolgreich. Seit Jahren verzeichnet das Unternehmen zweistellige Zuwachsraten, weit höher als bei der Konkurrenz auf dem Outdoormarkt, bei der die Umsätze eher stagnieren.
Je länger wir unsere Bekleidung tragen, desto nachhaltiger ist sie – das ist der einfache und einleuchtende Grundgedanke von Patagonia. Der daraus resultierende Anspruch an sich selbst: Stelle das beste Produkt her, belaste die Umwelt dabei so wenig wie möglich, inspiriere andere Firmen, diesem Beispiel zu folgen und Lösungen zur aktuellen Umweltkrise zu finden.
Was aber macht Patagonia, um diesem Anspruch gerecht zu werden und was können andere Marken insbesondere im Bereich der Sportbekleidung von Patagonia lernen?
Das Entwicklungspotential im Bereich der nachhaltigen Sportbekleidung scheint noch sehr groß zu sein. Bisher gibt es nur sehr weniger Marken, die in dem Bereich glaubwürdig aktiv sind. Als ich mich zuletzt mit dem Thema nachhaltige Sportbekleidung beschäftigt habe, war es schwierig überhaupt Marken zu finden, die nachhaltig und sozial verträglich produzieren, insbesondere im Bereich der Laufbekleidung. Vor kurzem habe ich die Trailrunning Kollektion von Patagonia entdeckt. Die Marke aus Kalifornien produziert neben der wesentlich bekannteren Outdoorbekleidung auch Jacken, Westen, Shirts und Hosen zum Laufen.
Bisherige Artikel auf derJogger.de über nachhaltige Sportbekleidung Siegel und Zertifikate:
Für mehr nachhaltige Sportbekleidung!
Nachhaltige Sportbekleidung – umweltfreundlich & fair | Ein Überblick
Nachhaltigkeit bei Patagonia
Slow Fashion: Kleidung zelebrieren
Patagonia positioniert sich als der gute Gegenpol zu Fast Fashion und Wegwerfkleidung. Bekleidung, die lange getragen werden kann und leicht zu reparieren ist, gegen die schnelle und billige Produktion von kurzlebiger Mode. Denn je älter ein Kleidungsstück wird, desto nachhaltiger ist es. Laut einer Studie der englischen Organisation WRAP, kann der Verbrauch von Kohle, Wasser und das Müllaufkommen um 5-10 Prozent reduziert werden, wenn man die gekaufte Kleidung drei Monate länger tragen würde!
„Kleidung hat, nach Haushalt, Transport und Nahrung, den viert größten Einfluss auf die Umwelt“ WRAP
WRAP Studie: Valuing our clothes 07/2012
Die Folgestudie mit besonderem Fokus auf die Verbesserungen:
WRAP Studie: Valuing our clothes 07/2017
Reduce – Repair – Reuse – Recycle
Die Marke Patagonia hat ihren Ansatz für mehr Nachhaltigkeit in der Textilbranche auf die 4 prägnanten Begriffe REDUCE REPAIR REUSE RECYCLE zusammengefasst:
Reduzierung | REDUCE
WE make useful gear that lasts a long time
YOU don’t buy what you don’t need
Verkleinerung der Garderobe – Klasse statt Masse. Das oberste Gebot für nachhaltige Bekleidung ist eine hohe Qualität und daraus resultierend eine lange Lebensdauer. Je länger man die Bekleidung tragen kann, desto weniger Kleidung wird gebraucht.
Reparierbare Kleidung | REPAIR
WE help you repair your Patagonia gear
YOU pledge to fix what’s broken
Patagonia möchte den Kunden ermöglichen Reparaturen einfach selbst durchzuführen, gestaltet die Bekleidung entsprechend und unterstützt den Kunden mit Anleitungen, die im Internet veröffentlicht werden. Patagonia prangert Marken an, die Reparaturen bewusst erschweren, um den Kunden zu einem Neukauf zu bewegen.
Patagonia hat zusätzlich einen der größten Textilreparaturcenter Amerikas aufgebaut und repariert dort jährlich 40.000 Kleidungsstücke.
Wiederverwendung / Second Hand | REUSE
WE help find a home for Patagonia gear you no longer need
YOU sell or pass it on (eBay is a great place to start)
Auch auf dem Second Hand Markt ist Patagonia aktiv geworden und stellt unter dem Label Worn Wear eine Plattform für gebrauchte Patagonia Bekleidung zur Verfügung. Hier kann jeder Patagonia Kunde seine gebrauchte Kleidung weiter verkaufen. Das ist nicht nur nachhaltig, weil die Bekleidung weiter verwendet wird, sondern steigert so natürlich auch den Wert der Kleidung.
Recycling | RECYCLE
WE will take back your Patagonia gear that is worn out
YOU pledge to keep your stuff out of the landfill and incinerator
Recycling ist letzte Option für Bekleidung, wenn eine Weiterverwendung oder eine Reparatur nicht mehr möglich ist. Bei Patagonia werden alle Bekleidungsstücke zurückgenommen und wieder verarbeitet. Damit lässt sich vermeiden, dass hochwertige Stoffe in der Müllverbrennungsanlage oder auf der Müllkippe landen.
Bewusstsein stärken | REIMAGINE
TOGETHER we reimagine a world where we take only what nature can replace
Transparenz schaffen
Patagonia bemüht sich alle Herstellungsschritte vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt transparent zu machen. Mittlerweile ist das gar nichts so besonderes mehr – auch andere Marken versuchen eine transparente Herstellung der Sportbekleidung zu gewährleisten, beispielsweise Vaude oder Löffler. Bei häufig sehr internationalen Produktionen, die aus den fernsten Ländern stammen und lange Wege zurücklegen, ist das bestimmt keine simple Aufgabe für die Marken.
Entwicklung und Verbesserung
Reaktion auf Kritik
Wer so sehr in der Öffentlichkeit steht wie Patagonia und sich ‚Nachhaltigkeit‘ auf die Fahnen schreibt, der steht auch schnell in der Kritik. Umweltorganisationen und Kunden haben hier natürlich ein besonderes Auge auf die Aussagen und Versprechen der Marke und fordern Werbeversprechen ein. Kritik an Patagonia findet man deswegen immer mal wieder. Besonders wichtig ist es für die Marke deswegen auf angebrachte Kritik und Missstände zu reagieren – auch um die Glaubwürdigkeit gegenüber des Kunden zu stärken. Patagonia macht hier einiges richtig!
Die Marke stand schon einige male in der Kritik – mal hatten Tierschützer das Leid der Schafe bei Wollproduzenten kritisiert, mal standen die Arbeitsbedingungen in der Produktion von Patagonia in der Kritik.
Ganz aktuell hat Peta USA das Leid von Schafen in einem Betrieb in Utah, USA dokumentiert, der Schafe für einen Wollproduzenten schert. Patagonia bezog diese Wolle und verarbeitete diese in verschiedenen Kleidungsstücken. Nachdem Peta darauf aufmerksam gemacht hat, reagierte Patagonia schnell und nahm die Wolle aus der Verarbeitung. Laut Peta hat Patagonia nun bestätigt, zum jetzigen Zeitpunkt keine neuen Produkte mit Wolle herzustellen. Patagonia hat damit auch eingeräumt, keine Wolle gefunden zu haben, die seine Standards erfüllt.
Auch nach heftiger Kritik an den Daunen, die Patagonia verwendet, die von lebend gerupften Vögeln stammten, reagierte das Unternehmen und entwickelte ein strengen Standard (Traceable Down Standard) für eine transparente Lieferkette. „Wir kontrollieren sie von den Elterntierfarmen bis zum Kleidungshersteller, um sicherzustellen, dass die Vögel nie zwangsgefüttert oder lebend gerupft wurden“, schreibt Patagonia auf seiner Webseite.
Engagement & Projekte
Patagonia engagiert sich zusätzlich auch für verschiedene Umweltprojekte, wie 1% for the planet. Die Grundidee für „1% for the planet“ stammt vom Gründer der Marke Patagonia Yvon Chouinard: 1% des Unternehmensumsatzes geht an Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen.
https://www.facebook.com/1percentfortheplanet/photos/a.10150640564188848.386183.59987268847/10154856399063848/?type=3&permPage=1
Unkonventionelles Marketing
Patagonias Marketing wurde schon in diversen Artikeln beleuchtet, auch ein Zeichen dafür, wie gut es funktioniert. Die Werbung ist unkonventionell und oft auf den ersten Blick kontraproduktiv und geschäftsschädigend („Don‘t buy this jacket“).
https://www.facebook.com/PatagoniaDeutschland/photos/a.585723741627947.1073741828.570129226520732/738807099652943/?type=3
Marketing, welches zum Nachdenken anregt, Diskussionen auslösen will und offensichtlich die Verkäufe bei Patagonia ankurbelt. Gute Artikel über das „Patagonia Paradoxon“ findet man in allen großen Zeitungen:
Konsumkritik zum Anziehen | Die Zeit
Profit unter Protest | Brand Eins
Lang lebe die Hose | Süddeutsche Zeitung
Worn Wear
https://www.facebook.com/PatagoniaDeutschland/photos/a.585723741627947.1073741828.570129226520732/737103689823284/?type=3
Was hältst du von den Projekten bei Patagonia? Findest du die Aussagen in der Werbung überzeugend? Kennst du die Patagonia Trailrunning Kollektion? Schreibe gerne deine Meinung und über deine Erfahrungen mit Patagonia unten in den Kommentaren!